Geschichte
Strecke Braunschweig-Nordkurve - Nordbahnhof -
Westbahnhof - Rbf, die "Ringbahn"


Die Strecke vom Betriebsbahnhof Nordkurve über Nordbahnhof und Westbahnhof zum Rangier- bahnhof wird gerne als "Ringbahn" bzw. "Ringgleis" bezeichnet. In der Tat konnte man auf ihr und der Staatsbahnstrecke Braunschweig Rbf - Gliesmarode - Nordkurve bis 1972 die Stadt auf der Schiene komplett umrunden.
Der Bau der Ringbahn begann 1885 im Nordbahnhof, die private Braunschweigische Landes- Eisenbahn (BLE) errichtete hier ihren Hauptsitz mit Verwaltung und Bahnbetriebswerk. Richtung Westen bzw. Süden führte die erste Strecke dieser Gesellschaft über Derneburg (1886) nach Seesen (1889). Diese Bahn erreichte eine Gesamtlänge von 72km und erschloß die ländlichen Gebiete südwestlich Braun- schweigs. Eine Zweigstrecke ab Hoheweg führte über 5km nach Wolfenbüttel (1886).
Die Personenzüge fuhren ab Braunschweig Nordbahnhof und hielten im Stadtgebiet noch an der Celler Straße und im Westbahnhof, alle 3 Halte besaßen auch Straßenbahnanschluß. Der Austausch von Güterwagen mit der Staatsbahn fand über die Verbindungskurve 1 (siehe Karte) zum Güterbahnhof Rüningerfeld statt. 1901-1904   
erbaute die BLE ihre zweite Strecke, nämlich die 25km lange Linie nach Fallersleben. Dadurch wurde der Nordbahnhof vom Kopf- zum Durchgangsbahnhof umgebaut und mit "Gliesmarode BLE" entstand eine weitere BLE-Station auf Braunschweiger Stadtgebiet. Damit war das Streckennetz der BLE erst einmal komplett, allerdings siedelten sich im Stadtgebiet laufend neue Betriebe an der Strecke an, sodaß die Zahl der Anschlußgleise immer weiter wuchs (1935 gab es 48 solcher Gleise). 1936 verband die BLE mit einer weiteren Verbindungskurve (2, siehe Karte) ihr Netz mit der Staatsbahnstrecke Richtung Celle, um eine Verbindung für den Güterverkehr zum 1934 eröffneten Hafen zu bekommen. Dieser zweite Anschluß entwickelte sich bis 1941 zum Betriebsbahnhof Nordkurve, der in Resten heute noch existiert.

Fahrplan der BLE-"Südstrecke" vom Sommer 1936, hier waren täglich 4 Personenzugpaare unterwegs.


Fahrplan der BLE-"Nordstrecke" vom Sommer 1938. Zwar war die BLE hier schon verstaatlicht, was sich jedoch noch nicht auf Zugverkehr und Laufweg ausgewirkt hat.
(Fahrpläne: Archiv S. Pikart)

1938 war das Schicksalsjahr für die BLE und damit auch für die Braunschweiger Ringbahn, zum 1. Januar wurde die Privatbahn verstaatlicht. Der Grund hierfür war die Entstehung großer Industriekomplexe im Einzugsbereich der BLE-Strecken, nämlich das Volkswagenwerk Wolfsburg (Gleisanschluß in Fallersleben) und die Stahlwerke in Salzgitter. Deren hohes Güteraufkommen sollte in einem neuen Rangierbahnhof Braunschweig zentral abgewickelt werden, hierzu war das BLE-Streckennetz jedoch nur bedingt geeignet. Als erste Maßnahme baute die nun zuständige Deutsche Reichsbahn zwei neue Verbindungskurven im Stadtgebiet Braunschweig, über die Kurve 3 (siehe Karte) konnten Personenzüge aus Richtung Seesen - Derneburg nun direkt den Braunschweiger Hauptbahnhof anfahren, eine weitere Kurve (Gliesmarode BLE - Gliesmarode, siehe Geschichte der Strecke Braunschweig - Fallersleben) ermöglichte dies auch für die Züge aus Richtung Fallersleben. Konsequenz: Der Personenzugverkehr auf der Ringbahn ab Braunschweig Nord wurde zum 02.10.1938 eingestellt (allerdings endeten bis 1941 noch vereinzelt Züge aus Richtung Seesen - Derneburg im Westbahnhof). Auch das BLE-Bahnbetriebswerk Braunschweig Nord wurde nach einiger Zeit geschlossen. Weiterhin hatte die Ringbahn jedoch große Bedeutung für den Güterverkehr, der durch die Rüstungsindustrie noch gesteigert wurde.
Nach 1945 begann auch der Niedergang des Güterverkehrs, viele Industriebetriebe wurde geschlossen oder verlagerten ihre Produktion. Mit der Stilllegung des alten Braunschweiger Hauptbahnhofs im Jahr 1960 wurde eine neue Anbindung des Westbahnhofs notwendig, es entstand die Verbindungskurve direkt zum Rangierbahnhof (4, siehe Karte). Aber auch diese konnte den weiteren Rückgang des Verkehrsaufkommens nicht verhindern. 1972 wurde die Okerbrücke der Ringbahn (siehe Karte) gesperrt, ein durchgehender Zugverkehr war damit nicht mehr möglich und auch nicht notwendig. Der westliche Ast wurde nun ausschließlich über die Verbindungskurve von 1960 angefahren, der östliche Ast über Gliesmarode - Nordkurve. Nachdem nach und nach die Anschlußgleise stillgelegt wurden begann 1990 auch die Stilllegung der eigentlichen Strecke zunächst auf dem westlichen Ast: Ende 1990 war der Güterbahnhof Celler Straße nicht mehr erreichbar, ab 1992 war die Strecke bereits nördlich des Großmarkts (ca. 200m nördlich des Westbahnhofs) gesperrt und ab 1995 endete der Restbetrieb vom Rangierbahnhof im Westbahnhof. 1995/96 wurden die Gleise im Abschnitt Westbahnhof - Celler Straße entfernt. Ende 1997 wurde auch der Westbahnhof selbst nicht mehr angefahren, damit endete der Eisenbahnbetrieb auf der westlichen Ringbahn.
Ab 2003 wurde auf dem gesamten westlichen Ring von der Okerbrücke bis zum Westbahnhof ein Radweg auf der ehemaligen Eisenbahntrasse angelegt, der sich großer Beliebtheit erfreut (zu diesem Thema siehe auch die Webseiten
www.ringgleis.de und www.braunschweigerzeitschiene.de).
Weiterhin in Betrieb ist dagegen noch der östliche Ast der Ringbahn ab Braunschweig Nordkurve. Von hier fahren noch Güterzüge über den gleismäßig sehr stark zurückgebauten Nordbahnhof bis zum kurz vor der Oker gelegenen Heizkraftwerk Mitte, in den Wintermonaten erhält das Kraftwerk auch komplette Kohlezüge. Dieses Streckenstück ist damit der letzte noch betriebene Rest der ehemaligen Braunschweigischen Landes-Eisenbahn im Stadgebiet Braunschweig.

Stand der Bearbeitung 21.05.09