Geschichte
Strecke Braunschweig - Fallersleben


Wie der Karte zu entnehmen ist hat die Eisenbahnverbindung zwischen Braunschweig und Fallersleben eine bewegte Geschichte. Die private Braunschweigische Landes-Eisenbahn (BLE) eröffnete am 11.11.1901 den ersten knapp 3km langen Streckenabschnitt von Braunschweig Nord (dem damaligen "Hauptbahnhof" dieser Gesellschaft) nach Gliesmarode B.L.E. (später in Gliesmarode West bzw. Braunschweig Ost umbenannt). Dieser Streckenabschnitt überbrückte die Strecke Braunschweig - Uelzen nördlich des Bahnhofes Gliesmarode, die Pfeiler dieser Brücke sind heute teilweise noch vorhanden. Es gab hier jedoch keine Gleisverbindung zur Staatsbahn, dafür gab es in Gliesmarode B.L.E. eine Verbindung zur zeitgleich gebauten (ebenfalls privaten) Braunschweig- Schöninger-Eisenbahn (BSE). Die BLE-Strecke wurde dann am 01.09.1902 bis Brunsrode-Flechtorf und am 01.11.1904 bis Fal- lersleben Landesbahnhof verlängert. Die Gründe für den Bau dieser Bahn war die Erschließung der ländlichen Gegend zwischen Braunschweig und Fallersleben und der Anschluß der Kaliindustrie in Ehmen. Letztere hatte bereits kurz zuvor eine eigene An- schlußbahn nach Fallersleben erbaut, die von der BLE übernommen und in ihre Streckenführung integriert wurde. Das Kaliwerk in Ehmen mußte allerdings bereits 1926 stillgelegt werden, so daß der BLE hauptsächlich landwirtschaftliche Transporte blieben.
Eine kurze Streckenerweiterung im Braunschweiger Stadtgebiet gab es 1936, als die BLE eine Verbindungskurve zum Betriebs- bahnhof Nordkurve der Reichsbahn erbaute (vergl. Karte unten). Hiermit wurde der Wagenübergang zum Hafen (in Betrieb ab 1934) und zum Volkswagenwerk (im Bau ab 1938) und ermöglicht. Als man Ende der 1930er-Jahre in der Nähe eines wenig bekannten Dorfes mit dem Namen Wolfsburg ein großes Automobilwerk plante, wurde die BLE verstaatlicht (01.01.1938). Die teilweise sehr kurvenreiche Streckenführung Braunschweig - Fallersleben sollte wegen des zu erwartenden hohen Güterverkehrsaufkommen und als Bestandteil einer neuen Schnellbahn in Richtung Hamburg so schnell wie möglich begradigt und ausgebaut werden. Erste Maßnahme war der Bau einer Verbindungskurve vom DR-Bahnhof Gliesmarode her, um Personen- und Güterverkehr vom Hbf bzw.

dem gerade entstehenden neuen Rbf zu ermöglichen. Diese Kurve ging bereits zum Winterfahrplan 1938/39 in Betrieb, die alte Verbindung vom Nordbahnhof her mit der Brücke über die Uelzener und Celler Strecke wurde damit überflüssig und kurz nach dem Krieg abgebaut (sie war bereits mit dem Bau der Verbindungskurve ab 1938 nicht mehr durchgängig befahrbar, da hier keine Weichenverbindung eingebaut wurde).
Noch im Krieg begann der Bau einer völlig neuen Verbindung Braunschweig - Fallersleben und Ende 1941 wurde das nördliche Teilstück Lehre - Groß Brunsrode - Ehmen(West) - Fallersleben in Betrieb genom- men (Personenverkehr zum Sommerfahrplan 1942).
Die alte Streckenführung zwi- schen Lehre und Fallersleben blieb zunächst noch bestehen, erst zum Winterfahrplan 1949 wurde das Mittelstück Brunsrode-Flechtorf - Ehmen stillgelegt. Der Abschnitt Ehmen - Fallersleben folgte im Januar 1957, während das kurze Stück von Lehre nach Brunsrode- Flechtorf noch bis Ende 1975 als Anschlußbahn betrieben wurde. Die auch unter der Bezeichnung "Schuntertalbahn" bekannte Verbindung Braunschweig - Fallersleben hatte von 1945 bis
1998 einen für Nebenstrecken ungewöhnlich starken Durchgangsgüterverkehr aufzuweisen, sowohl zum VW-Werk Wolfsburg als auch im grenzüberschreitenden Verkehr mit der DR (Oebisfelde). Die Bedeutung des Reiseverkehrs ging nach einem Boom im Werkspersonenverkehr vom/zum VW-Werk Wolfsubrg in den 50er Jahren allerdings auch hier mehr und mehr zurück, so daß die DB die meisten der Haltebahnhöfe in den 70er Jahren schloß. Die ungünstige Lage fast aller Halte zu ihren zugehörigen Orten war daran nicht unschuldig, Busse und der private PKW brachten bequemere Reisemöglichkeiten. Auch die Streckenhöchstgeschwindigkeit von 60km/h im "alten" Abschnitt Braunschweig Hbf - Lehre war nicht sonderlich attraktiv, konnte aber aufgrund der kurvigen Streckenführung auch nicht gesteigert werden. Ab 1991 wurde ein 2-Stundentakt im Personenverkehr eingeführt, der aber auch nicht zu wesentlich höheren Fahrgastzahlen führte. Den Verbundtarif ab 01.11.98 erlebte diese Strecke nicht mehr.
Noch in den 80er Jahren mußten die Gleise für den schweren Güterverkehr erneuert werden und es wurden im Abschnitt Braun- schweig-Ost - Wendhausen UIC 60-Schienenprofile eingebaut, für eine Nebenbahn eher ungewöhnlich. Auch die Sicherungstech- nik wurde nach dem Krieg verbessert, so erhielten alle Bahnhöfe sowohl Ein- als auch Ausfahrsignale mit den entsprechenden Vorsignalen, Streckenblock war ebenfalls vorhanden.
Der wegen des Krieges nicht mehr in Angriff genommene Südabschnitt der Neubaustrecke Braunschweig - Fallersleben wurde 1996-98 als "Weddeler Schleife" zum Anschluß an die Schnellbahn Hannover - Berlin gebaut, damit verlor auch die alte Strecken- führung Gliesmarode - Lehre ihre Bedeutung und wurde im September 1998 stillgelegt. Ein kurzes Teilstück Gliesmarode - Braun- schweig Ost wurde wegen des dortigen lokalen Güterverkehrs noch bis Ende 2000 betrieben und erst 2005 abgerissen.

Anmerkung: Eine ausführliche Geschichte und Beschreibung dieser Bahn, besonders des Nordabschnitts Lehre - Fallersleben, findet sich in dem Buch "Die Schuntertalbahn und die Bahn im Hasenwinkel", siehe Buchtipps.

Stand der Bearbeitung 07.03.09