1. Die Staatsbahn nördlich der Asse
Nördlich
der Asse führt in West-Ost-Richtung bereits seit
1843(!) eine Eisenbahnstrecke entlang. Damals eröffnete
die Braunschweigische Staatsbahn die Linie
Wolfenbüttel - Oschersleben (Länge 54km), die
wenig später Bestandteil der ersten West-Ost-Fernverbindung
Deutschlands wurde. 1848 fuhr hier der erste
planmäßige Zug Berlin - Köln! Mit dem Bau der
Fernstrecken Hannover - Stendal - Berlin (1871) und
Braunschweig - Helmstedt - Magdeburg
(1872) verlor
die Strecke aber bereits wieder an Bedeutung. Fernzüge waren
nördlich die Asse nicht mehr anzutreffen, immerhin gab es bis Ende
des 2. Weltkriegs noch Schnellzugverkehr über Oschersleben -
Jerxheim - Börßum (weiter südlich gelegen). Mit der
Grenzziehung 1945 wurde die Strecke östlich von Jerxheim
unterbrochen, worauf dieser Knotenpunkt seine Bedeutung völlig
verlor und in den folgenden Jahren immer weiter zurückgebaut wurde
(zuletzt im Herbst 1984 zum Haltepunkt). Das zweite Streckengleis im
Abschnitt Wolfenbüttel - Schöningen wurde ebenfalls
überflüssig und rückgebaut, auch der Güterverkehr
verlor ständig an Bedeutung (Schließung von
Industriebetrieben wie z.B. mehrerer Zuckerfabriken). Er
beschränkt sich heute auf den Abschnitt Helmstedt -
Anschlußstelle Alversdorf der BKB (zwischen Neu Büddenstedt
und Schöningen) sowie auf das Stadtgebiet Wolfenbüttel. Auch
der Personenverkehr sollte mehrfach eingestellt werden, was jedoch
wegen der Lage der Strecke im unmittelbaren Grenzgebiet zur DDR
politisch nicht durchsetzbar war. Nach einer großen
Rückbauaktion Mitte der 80er Jahre waren alle entbehrlichen
Nebengleise verschwunden, nur die Bahnhöfe Schöppenstedt und
Schöningen blieben noch mit Personal besetzt und boten die
Möglichkeit für Zugbegegnungen. Zum Fahrplanwechsel im
Dezember 2007 wurde der Personenverkehr im Abschnitt Schöppenstedt
- Helmstedt abbestellt, damit ist dieser Abschnitt bis auf die
Teilstrecke Helmstedt - Ausweichanschlußstelle Buschhaus
(nördl. von Schöningen) ohne jeden Zugverkehr. Zwischen
Schöningen und der o.g. Ausweichanschlußstelle ist die
Strecke auf einigen hundert Metern ganz verschwunden, da
die Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke hier ihren Tagebau Schöningen erweitern
und Restkohle abbauen.
Zwischen Braunschweig und Schöppenstedt ist die
Strecke nach wie vor in Betrieb, hier werden
werktags 12 bzw. in Gegenrichtung 14 Züge
gefahren, an Samstagen sind es noch 6 pro
Richtung. Eingesetzt werden ausschließlich Branschweiger
Triebwagen der Baureihe 628 (bis Dezember 2008
morgens noch ein Zugpaar mit BR 614).
Nach dem Ende der innerdeutschen Grenze 1989 gab
es zunächst Pläne für einen Lückenschluß
zwischen Jerxheim und Dedeleben (hier fehlten nur
4km) der seit 1945 unterbrochenen Strecke nach
Halberstadt, er wurde aber nie realisiert.
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Im Jahre 1996 war
noch dieser schöne Blick vom Asserand
nach Norden möglich: RB 6221
Braunschweig - Wolfenbüttel - Helmstedt
fährt hier an der Asse vorbei, am
Horizont ist die Silhouette von
Braunschweig erkennbar. Damals war hier
die BR 216 im Einsatz (15.04.96). |
Nordöstlich
der Asse liegt die reizvolle Kleinstadt Schöppenstedt, heute ist
hier Endstation für die aus Braunschweig kommenden Züge. Im
Fahrplan 1988/89 fuhr die BR 212 im Reisezugdienst, hier der
Feierabend- verkehr am 01.10.88. |
1984 konnte man auf
der "Grenzlandbahn" noch in
diesen schönen Zügen reisen: BR 613 bei
der Ausfahrt aus Schöppenstedt Richtung
Jerxheim - Schöningen. |
2. Die private Braunschweig-Schöninger-Eisenbahn
Die
zweite Strecke im Bereich der Asse war die 1902
erbaute private Braunschweig - Schöninger -
Eisenbahn mit ihrem Streckenast Hötzum -
Mattierzoll. Diese überquerte die Staatsbahn östlich
des Bahnhofs Wendessen auf einer Brücke ohne
Gleisverbindung und Umsteigemöglichkeit. Von
dort führte sie kurvenreich mit einer Steigung
von bis zu 1:60 dicht am Waldrand entlang zum Bahnhof.
Wittmar/Asse. Hier zweigte die Anschlußstrecke
zum Asseschacht ab, die bis auf eine Höhe von
220m über N.N. (und damit fast die Gipfelhöhe
der Asse) ansteigt. Die eigentliche Strecke führte
ab Wittmar in südliche Richtung bis Mattierzoll,
dort erreichte sie die Staatsbahnstrecke Börßum
- Jerxheim (zur Streckenführung der B.S.E. siehe
Homepage von G. Spicher). Die BSE lebte hauptsächlich
von einigen Großkunden, im Bereich der Asse war
dies der Kalischacht (dieser besaß auch eine
eigene Werkslok). Der Personenverkehr hatte eher
geringe Bedeutung, bereits 1950(!) wurde er auf
dem Mattierzoller Streckenast eingestellt (auf
dem Gesamtnetz 1954). Nachdem die großen Güterkunden
nach und nach ihren Betrieb einstellten (die
Kaliförderung im Asseschacht 1964) oder ihre
Transporte auf die Straße verlagerten mußte die
BSE 1971 ihren Gesamtbetrieb einstellen. Darauf
wurden auch die Gleisanlagen im Assebereich
abgebaut.
3. Der
Wiederaufbau der Assebahn
Nach
Einstellung der Kaliförderung in der Asse wurde
der Schacht II in den 70er Jahren als Endlager für
radioaktive Abfälle vorgesehen. Dazu wurde der
gerade rückgebaute Abschnitt Wendessen - Wittmar
- Schacht II bis 1976 wieder aufgebaut. Völlig
neu entstand eine Verbindungskurve vom DB-Bahnhof
Wendessen her, ansonsten wurde die alte
Trassierung beibehalten. Nach dem Wiederaufbau
fuhren jedoch erst einmal keine Züge, lediglich
die (neue) Werklok des Asseschachts befuhr die
Strecke gelegentlich zu Kontrollzwecken. Erst
1995(!) begann der regelmäßige Güterverkehr in
Form von Abraumtransporten vom ehem. Kaliwerk
Ronnenberg bei Hannover. Dieser Abraum wurde
seitdem in die Hohlräume der Asseschacht-Anlagen
zur Stabilisierung derselben verfüllt. Zunächst
werktäglich, zum Schluß nur noch 2x pro Woche
fuhr ein Ganzzug mit einer Lokomotive der VPS (Verkehrsbetriebe
Peine-Salzgitter) die Strecke Ronnenberg -
Hannover - Braunschweig - Wolfenbüttel - Asse
und zurück. Diese Transporte fanden etwa 10
Jahre lang regelmäßig statt. Daneben gibt es
seit 1998(?) auch Sonderfahrten mit dem
Museumszug des VBV (Verein Braunschweiger
Verkehrsfreunde) von Braunschweig aus. Hierzu
wurde als Endpunkt in der Nähe einer Waldgaststätte
oberhalb Wittmars ein neuer Bahnsteig angelegt.
Eine Umsetzmöglichkeit besteht hier nicht, wohl
aber im ehem. Bhf. Wittmar, der für den Güterverkehr
über ein Umsetzgleis verfügt. Im ehem. DB-Bahnhof
Wendessen wurden die noch vorhandenen Nebengleise
von der Asseschacht-Betreibergesellschaft übernomme. Auch hier gibt es einen kurzen Bahnsteig für
Personenzüge, so daß bei den Museumsfahrten
auch ein Pendelzug Wittmar - Wendessen und zurück
angeboten werden kann.
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Blick
auf den Streckenverlauf östlich
Wendessen, links das Streckengleis der
KBS 312 in Richtung Schöppenstedt,
rechts die neu erbaute Verbindungskurve
Wendessen - ehem. BSE-Strecke. Im Bereich
der Bäume links und Bildmitte überquerte
die BSE einst mittels Damm und Brücke
die Staatsbahn. |
Der
Bahnhof Wittmar besteht nach dem Wiederaufbau nur noch aus einem
Umsetzgleis, das ehemalige BSE-Empfangsgebäude wird als privates
Wohnhaus genutzt. Für einen reibungslosen Einmannbetrieb
rüstete die VPS die beiden Weichen mit elektrischen Antrieben aus,
die über große Tastschalter neben dem Gleis von der Lok aus
bedient werden können. |
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