Das Ende der Schuntertalbahn
Teil 1: km 3,5 (Braunschweig Ost) bis km 15,2 (Weddeler Schleife bei Brunsrode)


Die Betriebseinstellung auf der Schuntertalbahn Braunschweig - Fallersleben erfolgte völlig unspektakulär am frühen Morgen des 18.09.98. An diesem Freitag war KC 59480 nach Fallersleben VW der letzte planmäßiger Güterzug (Gliesmarode 5.08), es folgten RB 3851 nach Wolfsburg (Gliesmarode 5.11) sowie (Sonder)-Lz 89053 Richtung Hauptbahnhof. Die planmäßige Lok Lz 87282 (5.57) beendete das Kapitel Güterverkehr und nach der Rückkehr des ersten Frühpersonenzuges (Gliesmarode 6.25) endete dann der Planbetrieb. Dieser letzte Zug war mit einer "Abschiedstafel" geschmückt und bestand aus dem Triebwagen 628 203, der in Gliesmarode vom Fahrdienstleiter mit einer netten Bahnsteigansage verabschiedet wurde.

Letzter Planzug: RB 3852 Wolfsburg-Braunschweig am 18.09.98, 6.26

Fr, 23.10.98: Az 77256 Lehre-BS Rbf kurz vor der Einfahrt BS-Ost

Damit war zwar der planmäßige Verkehr beendet, noch verkehrten jedoch einige Bauzüge. Noch am Nachmittag des 18.09. kam mit Lz 77151 eine OHE-Lok aus Richtung Fallersleben, dies war die letzte durchgehende Zugfahrt von dort (13.54 Gliesmarode). Mit einem Bauzug, bestehend aus Kran sowie etlichen Flachwagen fuhr sie als Az 77152 noch am selben Tag wieder nach Lehre (16.04 Gliesmarode).
An den beiden folgenden Tagen wurde mit diesem Zug die Bauweiche in km 15,2 (Anschluß Neubaustrecke, vergl.
Bild des Monats 05/2004) und die ersten Meter der nun überflüssigen Strecke abgebaut. Gleichzeitig erfolgten die Lückenschlußarbeiten an dieser Stelle mit dem Verlegen einer sanften Kurve zur Neubaustrecke anstelle der provisorischen Weichenverbindung. Bereits am Sonntagabend (20.09.98) wurde die Neubaustrecke für den Güterverkehr freigegeben, die Aufnahme des Personenverkehrs erfolgte mit dem Fahrplanwechsel am darauffolgenden Sonntag (27.09.98). Der Abbau der Altstrecke begann zunächst von Norden aus: Nachdem die ersten Gleisjoche mit dem oben erwähnten Zug abgefahren wurden begann die Zerlegung des Streckengleises an Ort und Stelle, da die im Abschnitt Bahnübergang Groß Brunsrode - km 7,5 (bei Wendhausen) liegenden Stahlschwellen zur Verschrottung vorgesehen waren. Sie wurden zunächst u.a. im Bhf. Lehre gesammelt. Die Schienen wurden auf ca. 30m Länge geschnitten und teils von LKW, teils mit dem Zug abtransportiert.
Die nächste Zugfahrt fand am 25.09.98 (Freitag) statt, auch hier war die OHE-Lok mit dem Abbauzug unterwegs. Erst 3 Wochen später, wieder an einem Freitag (16.10.98), befuhr ein SKL die Strecke bis Lehre und zurück. Aufgabe war offensichtlich der Abtransport noch brauchbarer Signaltechnik, wobei für den Betrachter ziemlich wahllos verschiedene Signaltafeln, Schranken- bäume und sonstige Teile demontiert wurden (in den folgenden Wochen fanden die noch vorhandenen Teile dann andere Interessenten...). Der Streckenrückbau hatte inzwischen von Brunsrode kommend die Bahnhofseinfahrt Lehre erreicht (17.10.98), hier wurden weiterhin die Stahlschwellen im Bahnhofsbereich gesammelt. Die hierfür zuständige Baufirma Siemer&Müller verwendete für den Rückbau ausschließlich 2 "gleisgängige" Bagger sowie einen kleinen Rollwagen (zur eigentlichen Abbautechnik
später noch Näheres).

Zunächst fand am 23.10.98 (Freitag) wieder eine Zugfahrt nach "Lehre alt" statt, als Az 77255 / 77256 holte eine BR 216 mit 2 Flachwagen eine Ladung 30m-Schienen dort ab. Inzwischen war die Strecke zum Baugleis erklärt worden (die Bahnübergänge waren seit dem 16.10. außer Betrieb!) und mit einer Sh2-Tafel am km 3,5 (Einfahrt Braunschweig Ost) gesichert. Bei den noch folgenden Zugfahrten mußte diese jeweils aus dem Gleis genommen sowie die Bahnübergänge per Hand gesichert werden.
Am Ende des Monats waren die Gleisanlagen im Bahnhofsbereich Lehre weitestgehend abgebaut, lediglich die Weiche 9 (erste Weiche aus Richtung Braunschweig Ost) lag am 31.10. einsam im Gleisbett an ihrer ursprünglicher Stelle. Auch die Signale waren noch vorhanden.
In der folgenden Woche fand "verstärkter Zugbetrieb" statt: Am Dienstag, 03.11.98 waren gleich 2 Arbeitszugpaare unterwegs (Az 77255 8.46 / Az 77256 10.04 / Az 77257 11.08 / Az 77258 15.56), dem am Donnerstag (05.11.98) ein weiteres folgte (Az 77255 7.10 / Az 77256 11.31). Alle diese Züge bestanden aus DB-Loks der BR 216 mit 2 Flachwagen, die aufgrund der nun nicht mehr vorhandenen Umsetzmöglichkeit in Lehre ab Braunschweig Ost geschoben werden mußten. Der Rückbau schritt währenddessen stetig voran, sodaß die Fahrtstrecke dieser Züge ständig kürzer wurde.
Schließlich verkehrte eine Woche später (am Mittwoch den 11.11.98) der wirklich allerletzte Zug auf der Schuntertalbahn: Mit Az 77255 fuhr 216 163 um 9.43 bis zum km 7,5 zwischen Hondelage und Wendhausen, um dort noch einmal bereitgelegte 30m - Schienen abzuholen. Als der beladene 2-Wagen-Zug als Az 77256 gegen 12.40 den Bhf. Braunschweig Ost wieder erreichte, war das Kapitel DB-Züge auf dieser Strecke endgültig beendet.

Der allerletzte Zug: Az 77256 am km 7,5 bei Wendhausen, 11.11.98

21.11.98: Abgebaute Gleise am BÜ in km 4,0

Jetzt verkehrten nur noch die beiden Bagger der Baufirma als letzte "Schienenfahrzeuge". Nach dieser Zugfahrt änderte sich auch der Ablauf des Rückbaus. Bisher wurden nach dem Lösen der Kleineisen die auf 30m Länge geschnittenen Schienen aufgenommen und gesammelt, anschließend die verbliebenen (Stahl-) Schwellen "herausgepickt". Nun hatte man am km 7,5 den Beginn der erst 1983 verlegten UIC-60 Schienen auf Betonschwellen erreicht. Es begann ab hier der jochweise Rückbau in 15m - Stücken. Diese Prozedur verlief folgendermaßen: Der zum Kran umfunktionierte Bagger hob mittels Stahlseil das Ende des jeweils letzten, vor ihm liegenden Gleisjochs um ca. 2m an und zog dieses um ca. 10m zurück (also Richtung noch vorhandenes Gleis); sodann wurde ein kleiner "Rollbock" von einem 2. Mitarbeiter unter das hintere Drittel des schrägstehenden Gleisstücks positioniert. Nach Absenken des Gleises in die Waagerechte lag es frei auf dem Rollwagen auf und konnte nunmehr mit dem Bagger Richtung Sammelplatz gezogen werden. Letzterer befand sich für den Abbau aus Richtung Wendhausen südlich der Autobahnunterführung am km 6,5. Hier wurden die Stücke demontiert und das Material per LKW abgeholt.

Gesammelte Reste: Am 23.1.99 bei Dibbesdorf

Das ehem. Bahnhofsgebäude Lehre wird renoviert (22.8.99)

Am Mittwoch, 18.11.98, wurde mit dem Abbau auch am km 3,5 (Einfahrsignal Braunschweig Ost aus Richtung Lehre) begonnen. Das nunmehrige Streckenende wurde mit einem Schwellenkreuz und der schon vorhandenen Sh2-Scheibe gesichert. Die hier abgebauten Gleisstücke (UIC-60 Schienen mit Holzschwellen) wurden am Feldweg-Bahnübergang in km 4 gesammelt, zerlegt und abgefahren. Das ab km 4 liegende Gleis auf Betonschwellen wurde dagegen zum vorhin erwähnten Sammelplatz befördert, wobei zunächst ein recht langer Weg zurückgelegt werden mußte. Der viel befahrende Bahnübergang in km 6,5 der Straße Dibbesdorf- Hondelage machte dabei eine Absicherung vor jeder Überquerung notwendig. Auch von der anderen Seite her schritt der Abbau voran, so hatte man am 25.11.98 den km 7 nahe der Autobahnbrücke erreicht; am 02.12.98 war das Gleis unter der Brücke bereits demontiert, der Rückbau aus nördlicher Richtung damit beendet.

Anschließend ruhten die Arbeiten aufgrund der Witterung für eine Woche. Am 17.12.98 befand sich das südliche "Streckenende" bei km 5 kurz vor Dibbesdorf, es bestand somit noch ca. 1 km Restgleis. Nach der Weihnachtspause war es schließlich am 08.01.99 soweit: Gegen Mittag wurde das letzte Stück Gleis direkt am Sammelplatz in km 6,5 herausgehoben, bis auf die Stücke in den Bahnübergängen war damit die Gleisdemontage beendet.
Am 11.01.99 glättete eine Planierraupe das verbliebene Schotterbett ab km 3,5. Am nächsten Tag (Dienstag, 12.01.99) wurde wiederum ab km 3,5 begonnen, sämtliche verbliebenen Signale, Pfähle, Sockel u.ä. per Bagger zu entfernen. Mit LKW wurden diese Teile auf der Trasse abgefahren und an verschiedenen Stellen gesammelt, so befand sich das Einfahrsignal von Braunschweig Ost noch Mitte Februar an der ehem. Sandbachbrücke im km 5,5 bei Dibbesdorf!
In der 2. und 3. Januarwoche wurden auch die beiden stählernen Bahnbrücken über den Sandbach bei Dibbesdorf sowie über die Schunter zwischen Hondelage und Wendhausen an Ort und Stelle zerlegt und abtransportiert.
Das Bahnhofsgelände mitsamt Gebäude in Lehre stand währenddessen zum Verkauf, hier wurde Ende Januar am Abriß des ehem. Mittelbahnsteigs gearbeitet. Nach Ende der Aufräumarbeiten dort kehrte zunächst Ruhe im Abschnitt Braunschweig Ost – Lehre ein, lediglich an der Verfüllung des Einschnitts bei Groß Brunsrode wurde weiter gearbeitet. Die Arbeiten hier wurden im Sommer(?) 1999 abgeschlossen.
Im Frühsommer 1999 erfolgte der Ausbau der Restgleisstücke in den ehemaligen Bahnübergängen und die Neuasphaltierung dieser Stellen.

Im August wurde die Autobahnbrücke der A2 abgetragen. Bei den Arbeiten zur Verbreiterung der A2 wurde der neue, südliche Brückenteil schon nur noch als Behelfsbrücke ausgeführt, da bereits die Stillegung der Bahn feststand. Dieser wie auch die massive alte Betonüberführung wurden nacheinander abgerissen und die Lücke im Damm mit Erdreich aufgefüllt.
Ebenfalls im August begann der Neubesitzer des Bahnhofs Lehre mit den Renovierungsarbeiten, zunächst wurde die alte Platten- Wandverkleidung entfernt, darunter kam u.a. der alte Bahnhofsschriftzug zum Vorschein.
Am 26.8.99 erschien in der Braunschweiger Zeitung ein Artikel, der sich über die eventuelle Weiternutzung der ehem. Trasse als Radweg o.ä.befaßte. Hierin erwähnte ein Vertreter der Bahn-AG auch die unmittelbar bevorstehende Abräumung des immer noch vorhandenen Schotterbetts. Diese begann tatsächlich aber erst am 4.10.99, etwa am ehem. Kilometer 4,5. Im Bereich ehem. km 3,5 bis etwa km 5,0 vor Dibbesdorf wird die Trasse säuberlich abgeräumt und bestehende Durchlässe zu 3 kleinen Teichen "aufgeweitet". Auf dem restlichen Streckenstück blieb der Schotter jedoch auch im Winter 1999/2000 noch liegen.
Er liegt dort heute noch und wächst langsam zu...

Ende der einzigen Schunterüberquerung im Verlauf der Schuntertalbahn, 28.2.99

Am 18.11.98 begann der Rückbau auch am km 3,5. Bis hier zum Einfahrsignal von BS Ost lagen die Gleise noch bis zum Spätsommer 2005, das Signal selbst wurde Anfang 1999 abgebaut.


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Stand der Bearbeitung 09.11.08